Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#100: Sind kleine Hunde immer unerzogen?

In Podcastfolge 100 räume ich mit den Klischees über kleine Hunde auf. Sind sie wirklich immer unerzogen? Warum bellen sie so viel? Sind sie alle aggressiv? Kompensiert die Größe das Training? Haben sie Probleme mit Fremdhunden, weil sie immer rumgetragen werden?
Foto von Joe Caione auf Unsplash

Die kleinen Hunde fallen angeblich oft negativ durch ihr Verhalten auf
Man sieht immer mal wieder kleine Hunde, die an der Leine regelrecht ausflippen. Kaum etwas bleibt so gut im Hirn, wie Negatives. Daher kommt es einem so vor, als würde man nur noch kleine, ausflippende Hunde sehen. Aber wie viele Hunde laufen an einem vorbei, ohne dass man ihnen Beachtung schenkt, weil sie eben einfach nur vorbeilaufen?

Warum flippen sie denn so aus?
Die Welt besteht für kleine Hunde nur aus Riesen. Sie werden oft überall mit hingenommen. Gerade bei größeren Menschenansammlungen kann es schnell passieren, dass sie getreten werden. Das ist da natürlich dramatischer als bei großen Hunden und kann auch lebensgefährlich werden. Ihnen bleibt also nichts anderes übrig, als sich bemerkbar zu machen.

Leider wird auch oft die Körpersprache völlig missachtet. Der Hund läuft einfach so mit und es wird sich nicht weiter mit dem Verständnis von Körpersprache befasst. Er macht die Lernerfahrung: meine Kommunikation kommt nicht an, erst wenn ich drastischer werde, werde ich beachtet. Das führt dazu, dass die feinen Stufen der Kommunikation in Zukunft übersprungen werden.

Wenn so ein kleiner Hund beißt, ist das doch gar nicht so schlimm, oder?
Fakt ist: Natürlich hat zum Beispiel ein Chihuahua eine ganz andere Beißkraft als ein 40 kg-Hund. Für uns Menschen ist der Biss nicht so gefährlich. Dennoch ist es nicht weniger schlimm für den Hund! Denn, wenn ein Hund beißt, hat es immer einen Grund. Da wurden sehr viele Stufen auf der Eskalationsleiter missachtet, bis der Hund keinen anderen Ausweg mehr sah, als zu beißen.

Ist es ein Fehler, einen kleinen Hund hochzuheben, um ihn aus der Situation zu holen?
Nein, in meinen Augen ganz und gar nicht. Hier können wir uns das geringe Gewicht zum Vorteil machen. Egal ob Welpe oder ausgewachsen, der Hund kann immer problemlos hochgenommen werden. Wenn man das trainiert und ankündigt, kann man so jederzeit einen sicheren Hafen bieten um unangenehmen Situationen (oder Begegnungen) zu entkommen.

Kleine Hunde laufen einfach so mit.
Durch ihre Größe werden sie oft einfach eingepackt und mitgenommen. Oder gar nur in der Wohnung gehalten und an ein Katzenklo gewöhnt. Das ist aber alles andere als artgerecht. Sie haben genauso hundliche Bedürfnisse, wie große Hunde. Sie möchten Schnüffeln, Rennen, Spielen, Buddeln. Sie verkümmern mental, wenn sie nicht beschäftigt werden. Die Größe eines Hundes ändert nichts an den Bedürfnissen und Hobbys.

Auch untereinander können sie guten Kontakt haben und miteinander spielen, wenn sie Kommunizieren gelernt haben. Auch wenn das Größenverhältnis angeblich gar nicht passt.

Qualzuchten
Natürlich sind kleine Hunde süß. Aber wie viele der richtig kleinen Hunderassen sind wirklich gesund? Die Liste der angeborenen, gesundheitlichen Probleme ist riesig. Von Knieproblemen, über Gehirn zu groß für den Schädel, zu verkümmerte Atemwege und vielem mehr. Diese Hunde haben kein schönes Leben. Sie sind krank – von Geburt an. Das sollte nicht unterstützt werden, indem man sich so einen Hund anschafft. Angebot schafft Nachfrage – außer man rettet ein Tier aus dem örtlichen Tierschutzverein.

Dennoch motiviert es auch andere Menschen sich so einen Hund anzuschaffen, wenn man sie sieht. Auch die Kosten sollte man nicht außer Acht lassen. Ein vorbelastetes Tier muss schon von klein auf häufiger zum Tierarzt und diese Kosten sind nicht unerheblich.

Ich hoffe, ich konnte in dieser Folge aufzeigen, dass kleine Hunde genauso ernst genommen werden müssen, wie große Hunde. Sie haben ebenso Bedürfnisse und haben ein erfülltes Leben verdient. Sie können spielen wie große Hunde – sofern sie sozialisiert wurden und kommunizieren können. All ihre Themen und Bedürfnisse müssen gesehen und behandelt werden.
 

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