Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#114: Ist der gut sozialisiert?

Was ist eigentlich ein gut sozialisierter Hund? Darum soll es heute gehen. Im Internet findet man dazu unzählige verschiedene Definitionen und Tipps fürs Training, die nicht ganz unproblematisch sind. Darum gehe ich in dieser Podcastfolge auf einige gängige Aussagen, die man über Sozialisation häufig hört, ein.
Foto von Al Lucca auf Unsplash

Im Zusammenhang mit Hunden, die aggressiv oder ängstlich reagieren, hört man schnell mal, dass sie nicht gut sozialisiert seien. Doch ist es fair, diesen Umkehrschluss zu ziehen? Nein, denn erstens werden Emotionen häufig in gut und schlecht kategorisiert, wodurch Aggression und Angst pauschal als negativ betrachtet werden. Diese Kategorienbildung kann zu dem Gedanken führen, dass unerwünschtes Verhalten einfach abgestellt werden muss, weil es als schlecht eingestuft wird. Dabei sind alle Emotionen okay!

Außerdem berücksichtigt diese Sichtweise nicht die Vielfalt von Persönlichkeitstypen bei Hunden. Denn sie suggeriert auch, dass das Verhalten eines erwachsenen Hundes vollständig von der Sozialisation abhängt. Die gesamte Verantwortung für das Verhalten des Hundes dem Menschen zuzuschreiben, ist wenig sinnvoll. Genauso wenig, wie introvertierte Menschen nicht einfach durch regelmäßiges Mitnehmen auf Partys zu Extravertierten werden, kann man von einem Hund nicht erwarten, dass er sich anders verhält, nur weil er immer wieder in bestimmte, für ihn schwierig zu bewältigende Situationen gebracht wird. Diese Herangehensweise führt eher zu Überforderung. Es ist wichtig zu erkennen, dass Sozialisation nicht nur eine Einbahnstraße ist, die vom Menschen gesteuert wird. Ein Hund sollte während der Sozialisation Möglichkeiten haben, selbstwirksame Entscheidungen zu treffen und nicht ständig in überfordernde Situationen gedrängt zu werden.

Stimmt das? Ein gut sozialisierter Hund zeigt angemessene Kommunikation!
Hier stellt sich die Frage: Was gilt als angemessen? Vielleicht hast du auch schon Tipps dazu gelesen, dass bestimmte Formen der Kommunikation bei Hunden vermieden werden sollten, wie Knurren, Zähne zeigen oder Abschnappen. Aber auch dies sind Formen der Kommunikation und es ist problematisch, den Hund in seiner Kommunikation einschränken zu wollen. Hunde dürfen persönliche Grenzen haben, die sie ihrer Umwelt mitteilen können. Wenn es zu viel wird, steigt der Hund natürlich auf der Kommunikationsleiter nach oben, um zu signalisieren: „Hey, hier ist eine Grenze, und ich meine es ernst.“ Warum wird Hunden das oft untersagt? Es ist völlig in Ordnung und notwendig, dass ein Hund persönliche Grenzen ziehen darf.

Wie sieht es damit aus: ein gut sozialisierter Hund hat kein Problem mit Fremdhundebegegnungen?
In Fremdhundebegegnungen treffen zwei Unbekannte aufeinander, die keine gemeinsame Sprachebene haben. Natürlich sind beides Hunde, die sich im Grunde gegenseitig verstehen können, aber mit Unbekannten müssen zunächst gemeinsame Wege der Kommunikation etabliert werden. Du kennst das bestimmt von dir selbst: mit befreundeten Personen kommunizierst du in der Regel anders als mit Personen, die du zum ersten Mal siehst. Das ist bei Hunden nicht anders. Es kommt seltener zu Missverständnissen, wenn man sich genau kennt und einschätzen kann. Deshalb müssen sich fremde Hunde nicht ohne eine angemessene Kennlernphase immer und überall begegnen können. Und: auch extravertierte Hunde sollten lernen, nicht immer direkt auf jeden Fremdhund zuzurennen und sie können dies auch ohne Frust mit Unterstützung des Menschen lernen. Alle Hunde sollten einerseits die Möglichkeit haben zu lernen, dass kleine körpersprachliche Signale ausreichen, damit ihre Grenzen gewahrt werden und andererseits auch die kleinsten Signale von anderen wahrzunehmen und zu respektieren.

Alle Punkte abgehakt. Ist mein Hund nun gut sozialisiert?
Abhaklisten, die suggerieren, dass dein Hund bestimmte Dinge lernen muss, um gut sozialisiert zu sein, sind kontraproduktiv. Insbesondere zurückhaltende Hunde, die mehr Zeit benötigen, geraten in der Konfrontation mit zu vielen unbekannten Situationen schnell unter Reizüberflutung und können Ängste entwickeln, da sie unangenehme Emotionen mit den vielen Anforderungen verknüpfen. Sozialisation ist daher ein individueller Prozess. Es geht vielmehr darum, gemeinsam mit dem Menschen Strategien zu entwickeln, um mit Unwohlsein oder Ängsten umzugehen. Dein Hund muss nicht hundert verschiedene Dinge erleben oder lernen; er darf verstehen, dass sein Mensch für ihn da ist, ihn lesen kann, seine Grenzen akzeptiert und ihn ernst nimmt, wenn er Ängste hat.

Darauf solltest du während der Sozialisation wirklich achten
Es ist mir wichtig nochmal zu betonen: Knurren, Zähnefletschen, Abschnappen – all das ist natürliche Hundekommunikation. Das eigentliche Problem entsteht, wenn diese Kommunikation nicht verstanden wird und der Hund die Kommunikationsleiter weiter nach oben klettern muss. Übersehene Kommunikation kann zu Gefühlen der Hilflosigkeit und einem Umschalten in Aggression führen. Ein Hund ist nicht schlecht sozialisiert, nur weil er nicht mit jedem Hund zurechtkommt. Grundsätzlich gilt: Wenn dein Hund keinerlei Probleme mit anderen hat und sehr extrovertiert ist, setze dich dafür ein, dass er Körpersprache lernen und lesen kann, Grenzen akzeptiert und nicht übergriffig ist – zum Wohl aller Beteiligten.

Du kannst daran arbeiten, dass sich dein Hund in bestimmten Situationen wohler fühlt, aber du darfst auch Prioritäten setzen. Wenn dein Hund beispielsweise nicht täglich durch eine volle Innenstadt laufen muss, ist das kein dringendes Problem, was ihr im Training unbedingt berücksichtigen müsst, da euer individueller Alltag anders aussieht.

Also: Ja, Hunde sollten sozialisiert werden, aber dies muss auf individueller Ebene geschehen. Achte auf die Persönlichkeit deines Hundes, respektiere seine Grenzen und lerne seine Sprache, damit er nicht gezwungen ist, die Kommunikationsleiter bis nach oben zu klettern. Auf Aussagen wie „Ist dein Hund etwa nicht gut sozialisiert?“ kannst du also entgegnen: „Doch, aber er hat eine Persönlichkeit und persönliche Grenzen, die er genauso wie ich kommunizieren darf.“

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