Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#183 - Zwischen Reiz und Reaktion - Interview mit Hannah Blankenberg

Von Bauchgefühl bis Überforderung

In dieser Episode spreche ich mit Hannah Blankenberg – Psychologin und systemische Beraterin – über den Einfluss von Alltagsstress und emotionaler Überforderung auf unser Miteinander. Wie entstehen Überreaktionen – und wie gelingt es, innezuhalten statt impulsiv zu handeln? Hannah gibt praxisnahe Einblicke in die emotionale Selbstregulation, den Umgang mit Grenzen und die Bedeutung von Selbstfürsorge – im Alltag, in der Familie und im Training mit Hunden.

Hier kannst du diesen Podcast als Video ansehen: https://youtu.be/6gXYvnEDoAM

Was unsere Prägungen mit dem Miteinander mit Hund (und Kind) zu tun haben
In dieser Folge ist Hannah Blankenberg zu Gast – Psychologin (M.Sc.) und systemische Beraterin. Sie beschäftigt sich intensiv mit Themen wie dem inneren Kind, der transgenerationalen Weitergabe von Traumata und Glaubenssätzen oder auch Herausforderungen in Familiensystemen.

Doch was hat das mit unseren Hunden zu tun?
Ganz einfach: Wir alle haben ein soziales Umfeld – und unsere Erlebnisse, Prägungen und sogar unsere Epigenetik spielen immer mit hinein in die Art, wie wir mit anderen kommunizieren. Wer sich mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzt, kann verhindern, dass alte Wunden weitergegeben werden.

Wie kam Hannah zum bedürfnisorientierten Zusammenleben?
Nach der Geburt ihres Kindes bekam Hannah viele ungefragte Ratschläge. Das hat sie motiviert, sich intensiv mit Themen wie Stillen, Tragen und Familiensystem auseinanderzusetzen. Oft klappt das bedürfnisorientierte Zusammenleben im Säuglingsalter noch sehr gut – Eltern verstehen, dass die schnelle Erfüllung kindlicher Bedürfnisse Bindung fördert.

Doch mit der Autonomiephase wird es herausfordernder: Kinder entdecken ihren eigenen Willen, akzeptieren ein „Nein“ nicht mehr einfach so und zeigen lautstark, was sie wollen. An diesem Punkt fühlen sich viele Eltern verunsichert – und greifen auf bekannte Muster zurück: Belohnen, bestrafen und Kontrolle ausüben.

Hannah wollte einen anderen Weg gehen. Einen Weg, der die kindliche Psyche stärkt und das Kind in seiner Entwicklung begleitet – ohne es zu verbiegen. Denn: Der Grundstein für ein gesundes Wesen wird in der Kindheit gelegt. Und auch wenn später noch vieles aufgearbeitet werden kann, sind wir im Kindesalter besonders formbar und verletzlich.

Sollte man immer auf sein eigenes Bauchgefühl achten?
Nicht alles, was sich intuitiv richtig anfühlt, ist auch gesund. Unser Bauchgefühl ist geprägt von unseren eigenen Kindheitserfahrungen, von Glaubenssätzen, die uns mitgegeben wurden, und von gesellschaftlichen Normen.

Ein Beispiel: Viele Menschen glauben bis heute, dass man Kinder „nicht verwöhnen“ darf, sie schreien lassen soll – sonst würden sie lernen, es lohnt sich zu Schreien. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Bedürfnisorientierte Begleitung stärkt Urvertrauen und Resilienz.

Und wenn man genervt ist?
Natürlich gibt es Alltagssituationen, die an die Nerven gehen. Bei Hundemenschen: Wenn der Hund nicht kommt, obwohl der Rückruf trainiert ist. Oder bei Eltern: wenn das Kind nach einem anstrengenden Tag nicht die direkt Zähne putzen möchte.

Hannah spricht hier über die ständige Überforderung in unserer Gesellschaft: Wir wollen alles gleichzeitig – Haus, Karriere, Kinder, Freizeit, Reisen – und vergessen dabei, wie viele Ressourcen das kostet. Irgendwann sind die eigenen Batterien leer. Dann helfen keine liebevollen Worte mehr – dann platzt einem der Kragen.

Doch: Kinder (und auch Tiere) sollten nicht die Leidtragenden unseres Ressourcenmangels sein. Die Lösung liegt in Selbstakzeptanz, liebevoller Grenzsetzung und langfristiger Selbstfürsorge.

Machtgefälle: nutzen oder ausnutzen?
Natürlich gibt es ein Machtgefälle zwischen Eltern und Kindern – oder auch zwischen Mensch und Hund. Die Frage ist nur: Setzen wir diese Macht ein um zu begleiten – oder um unseren Willen durchzusetzen?

Kinder sollen irgendwann selbständig leben, müssen eigene Entscheidungen treffen und für sich selbst sorgen können. Deshalb ist es besonders wichtig, mit Druck und Kontrolle vorsichtig zu sein.

Hannah: „Ich wünschte, ich hätte alle meine eigenen Traumata aufgearbeitet, bevor ich Mutter wurde. Aber das ist unrealistisch. Wichtig ist, Verantwortung zu übernehmen und Strategien weiterzugeben – statt einfach weiterzugeben, was man selbst erlebt hat.“

Und wenn’s wirklich brenzlig wird?
In akuten Stresssituationen hilft oft kein einfaches Durchatmen. Was es braucht ist Nervensystemregulation – also Strategien, um das eigene System wieder zu beruhigen.

Wichtig: Selbstregulation lernt man nicht in der Krise. Sie muss im Alltag geübt werden – genau wie der Rückruf im Hundetraining nicht in der Reizsituation (beim weglaufenden Hasen z.B.) erlernt werden kann.

Kurzfristig helfen Techniken wie Klopfen oder tiefes Atmen. Doch auf Dauer braucht es tragfähige Lösungen und ausreichend Ressourcen.

Was ist mit diesen „witzigen“ Eltern-Reels?
Hannah nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wenn ich ein Reel sehe, in dem jemand sagt: ‚Liebe Nachbarn, macht euch keine Sorgen, ich habe meine Kinder nur angeschrien, weil ich es zuvor dreimal nett versucht habe‘ – dann sehe ich einen Freifahrtschein und Legitimierung für das Ausnutzen von Macht.“

Natürlich ist niemand ein schlechter Mensch, nur weil er in einer stressigen Situation die Kontrolle verliert. Aber: Es ist nicht okay. Und wir sollten aufhören, es zu normalisieren. Stattdessen dürfen wir uns fragen: Was steckt dahinter? Und was kann ich verändern? Denn es geht immer anders.

Gleichzeitig ist es wichtig, Grenzen zu setzen – auch gegenüber Kindern. Wenn ein Kind einen Hund schlägt, darf (und muss) ich eingreifen. Ich darf meine Grenzen und die von anderen wahren.

Wie setze ich denn Grenzen?
Janey beobachtet in ihrer Arbeit: Viele Menschen tun sich schwer mit dem Thema Grenzen setzen. Sie warten und hoffen, dass sich die Situation von selbst beruhigt. Und wenn das nicht klappt, kommt irgendwann der große Knall – mit viel Druck und Macht.

Dabei geht es auch anders:
Hannah sagt: „Grenzen sind nicht verhandelbar. Meine persönlichen Grenzen stehen nicht zur Diskussion. Das bedeutet nicht, dass ich unfreundlich bin – sondern klar. Klarheit schafft Sicherheit.“

Gleichzeitig bedeutet Grenzen setzen manchmal auch, die Grenzen des Kindes kurzzeitig zu verletzen – zum Beispiel, wenn man die Hände festhält, um zu verhindern, dass das Kind zuschlägt. Wichtig ist hier: Das Verhalten begleiten, nicht bestrafen. Frust ist okay. Wut ist okay.

Zum Schluss: Raus aus der Selbstverurteilung, rein in die Neugier
Hannahs Botschaft zum Schluss: „Sei neugierig. Auch auf dich selbst. Auch auf deine Fehler. Du musst nicht alles annehmen, was du lernst. Aber du darfst entscheiden, was du davon mitnehmen möchtest.“

Und genau so geht es auch mit unseren Hunden. Wenn wir verstehen, woher unser Verhalten kommt, warum wir manchmal so oder so reagieren, dann können wir auch das Verhalten unserer Tiere besser begleiten. Bindungsorientierung endet nicht beim Menschen. Sie beginnt bei uns.


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