Warum ist es also gesellschaftlich so normal, bei kleinen Kindern und
Tieren eben doch mit Zubbeln, Drücken und Zerren zu arbeiten? „Ja, der
versteht mich ja eh nicht.“ , ist da meist die Entschuldigung. Oder „Für
Diskussionen habe ich keine Zeit.“ Und hier setze ich meist mit meinen
Kunden und ihren Hunden an. Die Zeitrechnung arbeitet nämlich gegen
einen. Wer ohne Ankündigungen arbeitet, hat je nach Persönlichkeitstyp
des Hundes nur 2 Ergebnisse zu erwarten: entweder man hat einen
gehemmten Hund, der alles über sich ergehen lässt und dabei immense
Stresshormone aufbaut, oder man hat einen Hund, der immer eine größere
Schippe oben drauf legt. Die Gegenwehr ist irgendwann nicht mehr zu
managen. Beide Ergebnisse kommen für mich nicht in Frage, weder bei
meinem Kind, noch bei meinen Hunden.
Wie verhält es sich also mit den Ankündigungen. Ich setze
einfach ein Signal mindestens 3 Sekunden vor meine Handlung. Sicher weiß weder
Kind noch Hund, was zum Beispiel „Anziehen“ bedeutet, aber nach der dritten
Wiederholung haben wir schon Assoziation und es entsteht eine Erwartungssicherheit.
Sicherheit darüber, wo und wie ich gleich angefasst werde, oder was mit mir
passiert. Nach und nach weiß sowohl Hund, wie Kind ganz genau, was passiert und
kann sich emotional auf mein Handeln einstellen.
Und dann kommt es aber doch noch hin und wieder zu
Gegenwehr. Ja richtig. Weil sie eigene Ideen haben, Ideen, was sie gerade
machen möchten. Was sie gerade noch im Kopf haben und gerne fertig erledigt
haben möchten. Das ist doch völlig normal, oder etwa nicht? Da rate ich wieder
zu einem Perspektivwechsel und der einfachen Überlegung, wie schnell man das
spannende Buch zuklappt, wenn der Partner einem eine Frage stellt.
Ich gebe bei meinem Vorhaben einen abgesteckten
Handlungsrahmen. Wenn ich den Hunden Geschirre und Leinen anmachen möchte, oder
das Kind für den Ausflug anziehen möchte, begebe ich mich vorausschauend in ein
Zimmer und schließe die Tür. Wie viel tolle Beschäftigung in dem Raum ist, habe
auch ich in der Hand, man muss nur daran denken… Und dann kommt es bei den
Hunden, die da oder dort noch etwas in die Nase bekommen schon mal vor, dass
ich meine Ankündigung 5 mal wiederholen muss. Zwischendrin lasse ich sie
einfach tun. Und siehe da, niemals werden es mehr als 5 Wiederholungen, wenn
ich den Rahmen vorher gut abgesteckt habe. Ich rede natürlich nicht vom Wald,
wo Hund und Rehe gerade Freilauf zeigen. Oder dem Kind im Süßigkeiten Laden.
Unterm Strich spare ich mir sehr viel Zeit, denn die Situationen,
wo ich nur ein Mal ankündige und Hunde und Kind völlig kooperieren sind weitaus
häufiger. Und ich persönlich hasse nichts mehr als Machtkämpfe! Dabei gibt es
nur Verlierer. Auf allen Seiten, vor allem auf der Seite des Vertrauens und der
Bindung.
Wenn mein Gegenüber sich emotional auf die Dinge einstellen
kann, erschrickt sie nicht. Es wird kein Adrenalin ausgeschüttet, das Hirn
bleibt denkfähig! Mit jedem Mal Zwang und Flucht, wird es also schlimmer, denn
die Hormone wirken auf das Gehirn. So einfach also der Hintergrund. Und sinnlos
das Argument über die Zeitersparnis.
Im Alltag hat mir die Ankündigung „Anfassen“ bei unserem
Angsthund Timon schon so einiges erspart, und ihm auch. Wenn ich doch mal
übersehe, dass ihn jemand ungefragt anfassen mag, oder gar ein Kind blitzschnell
zu ihm geht, dann kann ich ihn warnen. Anstatt zu Schnappen, rennt er dann weg.
Der Moment des Erschreckens erspart hierbei wieder das Adrenalin und sein Hirn
denkt, er flüchtet lieber, als sich zu verteidigen, das spart Stress und
Energie. Alleine meine Ansage führt dazu, dass er weiß was gleich mit seinem
Körper passiert. Er kann zeigen ob er das möchte oder nicht. Er kann eine uns
verständliche Sprache sprechen. Wenn man denn die Augen auf macht.
Hunde haben eine perfekte Grundausstattung, was die
Kooperation mit uns anbelangt, sie wollen nicht gegen uns arbeiten (und Gleiches
habe ich über Kinder erfahren und gelesen).
Gerade heute zog sich das Anziehen für den Ausflug mit den
Hunden hin. Lina hatte noch so einiges zu tun heute. Fertig im Hundebuch blättern,
ihre Socken sortieren… und ich durfte und durfte sie nicht in den warmen Anzug
stecken. Zurücklehnen, und genau Hinschauen hat mir gezeigt woran es lag, sie
hatte Hunger und war ganz dankbar, als ich sie das fragte. Im Kopf hatte ich es
nicht, da sie 20 Minuten vorher in der Küche nichts wollte. Aber die Beschäftigung
im Bad hat sie hungrig gemacht, oder sie hat den Hunger dann erst gespürt. Wie
auch immer. Wir haben gegessen und siehe da, sie kam selbst mit Anzug in der Hand
an und wollte in die Trage steigen. Wie schrecklich wäre es gewesen, wenn ich
so ein Grundbedürfnis über meine körperliche Macht bezwungen hätte? Eingeschlafen
wäre sie in der Kälte beim Ausflug dann sicher auch, aber nicht so zufrieden
und tief bestärkt in unserem Verhältnis.
Wer tiefer in dieses tolle Training einsteigen mag, kann sich Videos
zu Medical Training bei Hunden anschauen oder einen kompetenten Trainer
fragen.